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Das Pfand: keine Lösung für die Schweiz

Die Schweiz verfügt über ökologisch und ökonomisch hervorragende Recyclingsysteme für Aluminium-Getränkedosen, Glasflaschen und PET-Getränkeflaschen. Die Verwertungsquote lag im Durchschnitt der letzten fünf Jahre bei 94 Prozent, womit die Schweiz im weltweiten Vergleich zu den absoluten Top-Nationen gehört. Die heutigen Recyclingsysteme tragen entscheidend zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und zur Reduktion des Litterings bei. Dass durch einen Systemwechsel auf das Pfand das Littering reduziert, die Recycling-Quoten erhöht und Mehrweg-Verpackungen gefördert werden können, ist höchst unwahrscheinlich. Im Gegenteil: Es besteht sogar die Gefahr, dass diese Umstellung zu einer Verschlechterung des Recyclings führen wird.

Erfolgreiche Schweizer Recyclingsysteme

Das Recycling von Getränkedosen und -flaschen wird gemäss dem Konzept der «erweiterten Produzentenverantwortung» organisiert. Das bedeutet, dass Getränkehersteller, Detailhändler, Verwertungsanlagenbetreiber, usw. Teil der Recyclingorganisationen sind und mithelfen, den gesamten Kreislauf von der Sammlung, über das Recycling bis hin zum Wiedereinsatz des Rezyklats zu fördern. So investierten sie in den letzten Jahren über 70 Mio. Franken in modernste PET-Recyclinganlagen in der Schweiz. Um das Recycling für die Konsument:innen so komfortabel wie möglich zu machen, betreiben die drei Recyclingorganisationen mit über 100‘000 Rückgabestellen im Handel, in Büros, in Freizeitanlagen, bei den Gemeinden, an Bahnhöfen und im öffentlichen Raum das weltweit dichteste Sammelstellennetz. Dank der vorgelagerten Finanzierung ist die Rückgabe kostenlos, unkompliziert und jederzeit möglich. Die jährlichen Betriebskosten betragen rund 80 Mio. Franken.

Kollateralschäden durch Umstellung auf ein Pfandsystem

In einem Pfandsystem wird zusätzlich zum Kaufpreis ein Depot erhoben, welches bei der Rückgabe zurückerstattet wird. Dafür muss die Getränkeverpackung während den üblichen Öffnungszeiten an eine der rund 7‘000 Filialen des Handels zurückgebracht werden. Die über 93‘000 Sammelstellen bei Gemeinden, an Bahnhöfen oder in Büros würden hingegen verschwinden und der Komfort beim Recycling würde insbesondere am Abend, an den Wochenenden und in ländlichen Gebieten massiv abnehmen. In der Folge müsste der Handel gegenüber heute rund 300‘000 Tonnen zusätzlich sammeln und dafür eine neue Infrastruktur inklusive Personal, Leergutautomaten, Lagerflächen, usw. aufbauen. Die Gemeinden würden entsprechend weniger sammeln und würden deshalb auch Sammelentschädigungen in der Höhe von 30 Mio. Franken pro Jahr verlieren. Die hohen Investitionen in Recyclingstationen, Quartiersammelstellen oder Unterflurcontainer wären somit obsolet und der finanzielle Schaden für die Steuerzahler:innen gigantisch. Das Bundesamt für Umwelt veranschlagt die jährlichen Kosten für ein Pfandsystem auf 290 Mio. Franken.

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Heute stehen den Konsument:innen über 100’000 Sammelstellen zur Verfügung. Viele davon sind im öffentlichen Raum und jederzeit zugänglich.

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Mit einem Pfand wäre die Rückgabe nur noch an den 7‘000 Sammelstellen des Handels und nur während den üblichen Öffnungszeiten möglich.

Falsche Hoffnung in das Pfand

Die Littering-Problematik kann mit einem Pfand nicht gelöst werden

Getränkeverpackungen machen in bewohnten Gebieten und im öffentlichen Verkehr gemäss dem Bundesamt für Umwelt 7 Prozent des Litterings aus. An See- und Flussufern ausserhalb der Siedlungsgebiete und in den Bergen sinkt der Anteil auf weniger als ein Prozent. Dazu kommen Bruchstücke von Getränkeverpackungen (z.B. Deckel oder Scherben), die weitere 6 Prozent des Litterings ausmachen. Selbst im unrealistischen Fall, dass aufgrund des Pfandes keine Getränkeverpackungen und Bruchstücke mehr gelittert würden, verblieben weiterhin mindestens 87 Prozent der Abfälle liegen. Mit einem Pfand auf Getränkeverpackungen kann die Littering-Problematik nicht gelöst werden.

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Verwertungsquoten würden kaum steigen

Mit einer Verwertungsquote von 94 Prozent gehört die Schweiz im weltweiten Vergleich zu den Top-Nationen und kann problemlos mit Ländern mit Pfandsystem mithalten. Ein Blick in die Schweizer Recyclingstatistik offenbart zudem, dass die Verwertungsquote mit dem Pfand (Abschaffung 2001/02) tiefer lag, als sie es mit dem heutigen System ist. Es gibt folglich keinen Grund anzunehmen, dass die Verwertungsquote mit der Wiedereinführung eines Pfands steigen würde. Im Gegenteil: Es besteht sogar die Gefahr, dass der geringere Komfort beim Recycling und insbesondere der Wegfall der Recyclingstationen im öffentlichen Raum zu einem Rückgang der Sammelmengen und zu mehr Littering führen könnte.

Das Pfand ist keine Mehrweg-Förderung

Das Pfand ist ein finanzieller Anreiz, damit die Konsument:innen ihre Getränkeverpackungen nach dem Gebrauch an eine Verkaufsstelle zurückbringen. Weil das Pfand auf Einweg- und auf Mehrweg-Verpackungen erhoben werden kann, sagt das Pfand nichts darüber aus, ob eine Getränkeverpackung nach dem Gebrauch erneut befüllt (wiederverwendet) oder stofflich verwertet (rezykliert) wird. Aus diesem Grund entfaltet das Pfand keine Lenkungswirkung zugunsten von Mehrweg-Verpackungen. Die Verkaufszahlen aus Ländern mit Pfandsystem zeigen denn auch, dass der Mehrweg-Anteil selbst mit dem Pfand rückläufig ist. Bereits im Jahr 2010 hat das deutsche Umweltbundesamt erkannt, dass das Pfand kein geeignetes Instrument zur Mehrweg-Förderung ist.